alias Prinz Chaos II
Seid so anders, wie es irgendwie geht!
Vom 31.5.2012 bis zum 3.6.2012 fand auf der kleinen Burg Weitersroda, nahe der Kreisstadt Hildburghausen, das Paradiesvogelfest statt. Heute ist dieses Liedermachertreffen eine feste Institution im südlichen Thüringen. Doch das war nicht immer so: Von 2008 bis 2012 versuchten ortsansässige Nazis, dieses Event zu verhindern. Dabei beließen es die braunen Wölfe nicht nur bei verbalen Angriffen in den sozialen Medien, sondern gingen, wie schon in den Jahren zuvor, wieder zur Tat über – im Burghof zündeten sie das Auto eines teilnehmenden Musikers an. Daraufhin rief der Liedermacher Konstantin Wecker dazu auf, sich mit den Veranstaltern des Paradiesvogelfestes zu solidarisieren. Heinz Michael Vilsmeier folgte dem Appell Konstantin Weckers und fuhr nach Weitersroda zu den Paradiesvögeln, wo es zu folgendem Interview mit Florian Kirner, alias Prinz Chaos II, kam.
Inhaltsverzeichnis
Ein Gespräch über Wölfe im Mai
Wir sind in jeder Situation, in jeder Lebensphase ganz viele Verschiedene.
Das Gefühl der Macht macht einen zum Arschloch.
Da hab ich sofort Magenkrämpfe gekriegt.
Da wurde mit latenter Homophobie gekämpft.
Ich bin völlig erblüht.
Macht ist immer da!
Macht kann eben auch ganz weich sein.
Das Chaos ist das Programm!
Da bin coram publico in eine Depression gekippt.
Es Auftrittsituationen, die wunderbar sind.
Ich neige dazu, Krisen zu produzieren.
Ich kann ganz hervorragend weinen.
Ich versuche ein lernendes Verhältnis zu Kritik zu haben.
Ich lerne viel von meinen Bäumen.
„Seid so anders, wie es irgendwie geht!“
Beschämend, was den Umgang mit mir anbelangt.
Mir ist dieses Schlossprojekt enorm wichtig.
Keiner wird den anderen anders machen.
Für mich ist Degenhard das Großfränzchen.
Wecker hat in mir einen künstlerischen Sohn gesehen.
Simon und Jan haben unserem Publikum beigebracht zuzuhören.
Ich glaub, da bin ich ziemlich singulär.
Degenhardts Lied detoniert ein zweites Mal.
Paradiesvogel statt Wandervogel
Das traurigste Lied, was ich je geschrieben habe.
Die Leute müssen akzeptieren, dass Kultur Geld kostet.
Ich bin kein Pazifist.
Eine starke kämpferische schwule Identität.
Eine Woche nach dem Paradiesvogelfest via Skype …
Dies ist eine Art Kulturkampf.
Da sind Feindbildmaschinen gebaut worden.
Lesen Sie hier einen Auszug aus dem Gespräch mit Prinz Chaos II:
Prinz Chaos II: Wir befinden uns inmitten eines epischen Konflikts. Dies ist eine Art Kulturkampf, der hier entstanden ist. In dessen Zentrum tatsächlich – und albernerweise – die Frage meiner sexuellen Orientierung steht, bzw. dahin gerückt wird. – Wir haben es mit einem virulenten und militanten Schwulenhass zu tun. – Dass vermischt sich mit Dorfkonflikten und Dorfthemen aus den letzten viereinhalb Jahren, die wahrscheinlich niemandem erspart bleiben, der versucht ein Schloss unter eigener Regie weiterzuentwickeln, das jahrzehntelang zu DDR-Zeiten genutzt wurde und in der Nachwendezeit 20 Jahre lang relativ brach dalag. – Es ist eine sehr gefährliche Situation und es ist ein bisschen so wie bei Biedermann und den Brandstiftern, dass eben nach einem Brandanschlag auf einen Pkw im Schlosshof und nach Überfall und faktischen Morddrohungen jetzt wir an den Pranger gestellt werden, weil wir angeblich behaupten, dass ganze Dorf bestehe aus Nazis. – Das tun wir natürlich nicht! – Aber sich hinzustellen und zu sagen, es gibt keine Nazis hier in diesem Dorf, das ist einfach eine unerträgliche Blindheit von Leuten, die es offensichtlich auch gar nicht sehen wollen. Denen muss man die Frage stellen, inwiefern sie Aktionen, die gegen die Bewohner dieses Schlosses gerichtet sind, mit unterstützen.
HMV: Auf der Website des Dorfes, weitersroda.de, wird getitelt: „Weitersroda beherrscht vom Chaos …“. Dort kann man lesen, dass sich das Dorf ungerechtfertigterweise in den Mittelpunkt des öffentlichen Interesses gerückt sieht und das dies auf Querelen mit Prinz Chaos zurückzuführen sei. Dort wird auch gegen den Bürgermeister von Hildburghausen Front gemacht, der, angeblich ungerechtfertigterweise, weitersrodaer Jugendliche einer rechtsextremen Gesinnung bezichtige. – Was kannst Du dazu sagen?
Prinz Chaos II: Das von Dir angesprochene Dokument ist nicht ein Statement des Dorfes, sondern des Ortsteilrates, der sich in für mich skandalöser und niederträchtiger Weise hier positioniert. – Eine rechte Struktur gibt es in diesem Dorf, das ist aus meiner Sicht eine Tatsache. Und die große Mehrheit der Bewohner sollte mal die Augen aufmachen und hinschauen, was eben in einigen Bereichen und eben leider nicht nur bei der Jugend tatsächlich Phase ist.